Es gibt einen Streitfall, Angeklagte, KlägerInnen, Beklagte, RichterInnen, in einem Verhandlungssaal – es wirkt alles ganz real. Im ersten Moot-Court-Raum an einer österreichischen Universität üben an der Uni Graz Studierende der Rechtswissenschaften ihr erworbenes Wissen in einem authentischen Umfeld und schnuppern Gerichtsluft. Vorgestellt wird der einzigartige Trainingsraum im Rahmen des großen Österreich-Finales des „Franz von Zeiller-Moot-Court aus Zivilrecht“ vom 12. bis 14. Juni 2017.
Ob Diebstahl, Erbschaftsstreit oder die Genehmigung einer Betriebsanlage – es gibt kaum ein Verfahren, das Studierende im Zuge ihres rechtswissenschaftlichen Studiums an der Karl-Franzens-Universität Graz im neuen Moot-Court-Raum nicht trainieren können. „Ein Moot-Court-Raum bildet eine wichtige Brücke zwischen Theorie und Praxis. Studierende sollen ihr erworbenes Wissen anwenden und Verhandlungstaktiken üben“, erklärt Dekan Univ.-Prof. Dr. Stefan Storr. Zudem ergänzt der Übungs-Gerichtssaal die Initiativen der Fakultät, die unter anderem mit sogenannten Praxis-Professuren den juristischen Alltag verstärkt in die Ausbildung bringt.
Rollenspiele
Der Initiator des neuen Moot-Court-Raums, Assoz. Prof. Dr. Sascha Ferz, weiß um die Bedeutung des Raums, der nun fixer Bestandteil von Lehrveranstaltungen ist: „Die Studierenden bewegen sich dadurch im wirklichkeitsnahen Setting. Das baut anfängliche Hemmungen ab und verbessert den Start ins Berufsleben.“ Die angehenden JuristInnen übernehmen im „Trockentraining“ verschiedene Rollen des Verfahrens, wie AnklägerIn, VerteidigerIn oder Sachverständige, agieren aber auch wie die Lehrenden als RichterInnen.
Unterstützung durch SponsorInnen
Ein ehemaliger Seminarraum im RESOWI-Zentrum wurde in den vergangenen Wochen in einen zeitgemäßen Gerichtssaal, ausgestattet mit moderner Technik, verwandelt. Die Finanzierung in der Höhe von 60.000 Euro ermöglichten insgesamt 22 Sponsoren, darunter öffentliche Einrichtungen, Unternehmen und Anwaltskanzleien.
Ein weiterer Pluspunkt ergibt sich durch die mobile Möblierung, die sich je nach Verfahrensart schnell umbauen oder flexibel an anderen Orten nutzen lässt. So kommt die „Ausstattung auf Rädern“ beim Bundesfinale des „Franz von Zeiller-Moot Court aus Zivilrecht“ zum ersten Mal zum Einsatz und wird in einen größeren Raum transferiert. Die öffentlichen Finalverhandlungen werden am Dienstag, dem 13. Juni 2017, zwischen 9 und 14 Uhr im Sitzungszimmer der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, SZ 15.21 A2, vor Publikum stattfinden.
Bundesfinale des „Franz von Zeiller-Moot Court“
Der „Franz von Zeiller-Moot Court aus Zivilrecht“ ist der größte und wichtigste Wettbewerb Österreichs in den Rechtswissenschaften. „Alle beteiligten Universitäten – Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg, Universität Wien und Wirtschaftsuniversität Wien – haben seit dem Wintersemester die besten Studierenden ermittelt, die sich nun im Bundesfinale miteinander messen“, schildert Organisator Ass.-Prof. Dr. Ulfried Terlitza vom Institut für Zivilrecht, Ausländisches und Internationales Privatrecht der Uni Graz.
Verhandelt werden Zivilverfahren in dritter Instanz, das heißt, vor dem Obersten Gerichtshof, vor dem sechs Teams in anwaltlicher Rolle jeweils eine der Prozessparteien vertreten. Terlitza: „Die Fälle sind dabei im engsten Sinne aus dem Leben gegriffen, ihnen liegen reale Berufungsentscheidungen zugrunde, die ein breites Spektrum abdecken, etwa von der teuren Liebe zu einer Dame am Ende einer Mehrwerttelefonnummer über den Streit um ein herrschaftliches Landgut bis hin zu einem tragischen Arzthaftungsfall.“
Ein hochkarätig besetzter Richterinnensenat – OGH-Vizepräsidentin Dr. Elisabeth Lovrek, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer Dr. Gabriele Krenn, M.B.L., und Univ.-Prof. Dr. Brigitta Lurger, LL.M., Professorin am Institut für Zivilrecht, Ausländisches und Internationales Privatrecht der Uni Graz – wird die Finalverfahren leiten und entscheiden, welches Team den Bundessieg 2017 erringt.