Es ist unbegreiflich für uns, wir können es noch nicht wirklich fassen:
Unser langjähriger Kollege und Lehrbeauftragter Mag. Sebastian Ruppe ist am Freitag, 30.7.2021 verstorben.
Sebastian hat seinen Weg an der Universität Ende 1998 begonnen, war zunächst Mitarbeiter im damaligen Referat für behinderte und chronisch kranke Studierende und danach von 1999 bis 2013 Mitarbeiter am Zentrum für Soziale Kompetenz. Als Lehrbeauftragter blieb er mit dem Zentrum bis 2018 eng verbunden.
Tue nichts aus Angst, nichts aus Pflicht, nichts aus Scham oder Schuld in deinem Leben.
Lebe, weil du leben willst, und lebe, was du leben willst.
Sebastian war nach einem Freizeitunfall querschnittsgelähmt und seit seinem 24. Lebensjahr auf den Rollstuhl angewiesen. Trotzdem hat er sein Studium (Spanisch und Germanistik) beendet und berufliche Herausforderungen gesucht und angenommen. So war er neben seinen Stationen an der Uni auch bei der Steiermärkischen Landesregierung tätig sowie freiberuflich als Lebens- und Sozialberater. 2012 hat er den Verein „Selbstbestimmt Leben Steiermark“ gegründet, dessen Obmann und Beiratsvorsitzender bzw. Ehrenobmann er war. Ein Verein, der sich als Interessensvertretung von behinderten Menschen gegenüber Politik, Verwaltung und der steirischen Öffentlichkeit versteht.
Ich engagiere mich journalistisch und aktionistisch für mehr Barrierefreiheit, mein Engagement verwandelt den Rollstuhl unterm Hintern langsam
vom behindernden Anhängsel zum Experten-Attribut. Ich bin Experte für einen Lebensbereich, den andere nicht kennen, nicht kennen wollen.
Ich sehe mich als Brückenbauer zwischen denen auf zwei Füßen und denen auf vier Rädern…
Anderen helfen, denen es gleich geht, Vermittler sein zwischen denen, die sich Behinderung nicht vorstellen können und wollen,
und denen, die ihrer Behinderung keine Worte zu geben vermögen.
Sebastian hat sich mit großem Engagement für die Rechte von behinderten Menschen eingesetzt. Er wollte Verbesserungen erwirken und dazu beitragen, Inklusion ein Stück mehr gelebte Realität werden zu lassen. Und das tat er auch in seiner Lehrveranstaltung „Soziale Kompetenz im Umgang mit behinderten Menschen“, die er am Zentrum für Soziale Kompetenz von 2005 bis 2018 für Studierende der Uni und der TU abgehalten hat.
Er war bestrebt, seinen Studierenden das Leben und die Situation behinderter Menschen in Österreich näherzubringen. Und das nicht nur durch Darlegung von Daten und Fakten: Sebastian ist über diese sachliche Ebene hinausgegangen, hat seine persönliche Betroffenheit thematisiert, über seine Erfahrungen und Empfindungen gesprochen und sie mit anderen Menschen geteilt. Und das war es, was viele sehr berührt und nachhaltig beeinflusst hat.
Sebastian war zweifelsohne Mentor und Vorbild für viele Menschen – mutig, engagiert, ein Mensch mit Zivilcourage. Er war in der Lage, Herz und Verstand zu verbinden. Indem er Starres in Bewegung gebracht hat, alte Denkmuster aufgebrochen hat, hat er zum Umdenken aufgefordert, hat anderen vermittelt, dass die Welt und das Leben allgemein – zumindest bis zu einem gewissen Grad – gestaltbar sind.
Wir bewundern seinen Mut, sein Engagement, seinen unermüdlichen Einsatz vor allem für Menschen mit Behinderung!
Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen.
In großer Trauer,
das Team des Zentrums für Soziale Kompetenz
Sascha Ferz, Norbert Berger, Isabella Brandner, Tomaš Klimann, Ursula Pichler, Klaus Scala, Karin Sonnleitner
Die Zitate stammen aus einem Text, den Sebastian Ruppe für ein mündliches Kolloquium zum Thema Überleben im Kulturzentrum bei den Minoriten in Graz im Jahr 2006 verfasst hat.