Erstmals in Österreich fand die 22. Jahrestagung der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen in Lehre, Forschung und Praxis e.V. vom 26. bis 28. November 2025 statt – ausgerichtet vom Zentrum für Soziale Kompetenz der Universität Graz. Unter der Leitfrage „KrisenFest: Machen Schlüsselkompetenzen nachhaltig resilient?“ widmete sich die Veranstaltung den Herausforderungen und Chancen, die Schlüsselkompetenzen in Krisenzeiten bieten. Rund 60 Teilnehmer:innen aus verschiedenen Fachbereichen und Institutionen kamen zusammen, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen.
Bereits vor Beginn der eigentlichen Tagung bot ein Pre-Workshop die Gelegenheit, die traditionsreiche Lehrveranstaltung „Gruppendynamik“, die seit 25 Jahren an der Universität Graz angeboten wird, näher kennenzulernen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie Gruppendynamik dazu beitragen kann, soziale Spaltung in Zeiten von Polarisierung zu verhindern.
Zwei Keynotes - zwei unterschiedliche Blickwinkel auf Resilienz
Denis Mourlane, Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Systemischer Berater und Coach, definierte Resilienz als das Vermögen eines dynamischen Systems, sich erfolgreich an Störungen anzupassen, wobei mit dem Begriff System sowohl Individuen, als auch Gruppen, Gesellschaften oder Organisationen angesprochen wurden. Anhand eines Putzschwämmchens, das aus einem resilienten Material besteht, demonstrierte Mourlane das Phänomen der Anpassungsfähigkeit, wohingegen ein Gummiband bei starker Dehnung den resilienten Bereich verlässt und nicht mehr in den Normalzustand zurückkehren kann, es reißt.
Um den Umgang mit Krisen zu erlernen und eine gewissen Krisenfestigkeit zu entwickeln, präsentierte er das von ihm entwickelte FRIENDS-Modell©, eine Metatheorie der individuellen Resilienz.
Der besonderen Bedeutung von Kommunikation in Krisen war der Vortrag von Oberst Michael Bauer gewidmet. Die Kommunikation an sich könne zwar eine Ausnahmesituation natürlich nicht abwenden oder verbessern, eine mangelhafte Kommunikation würde aber eine weitere Verschlechterung nach sich ziehen, betonte der Pressesprecher des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Für den Krisenfall verfolge das österreichische Bundesheer eine klar definierte Kommunikationsstrategie, die in „10 Geboten der Krisenkommunikation“ festgeschrieben ist.
Werte wie Disziplin, Hierarchie und Struktur, die dem österreichischen Bundesheer und darüber hinaus weltweit jedem militärischen System immanent sind, brächten zusätzlich Klarheit, Verlässlichkeit und Sicherheit. Die Ausführungen von Bauer lösten jedoch beim Publikum kontroverse Diskussionen aus: Sind Gehorsam und die Überwindung eigener Ängste (z.B. auf einem Klettersteig) ein Ausdruck von Mut – oder zeigt sich Mut gerade im Ungehorsam?
4 Workshops – 12 Fragen – 1 Positionspapier
Im Anschluss an die Keynotes boten vier Workshops den Teilnehmer:innen die Möglichkeit, die zentralen Themen der Tagung nicht nur zu diskutieren, sondern auch durch weitere theoretische Inputs zu vertiefen. Die Workshops widmeten sich den Bereichen Kommunikation, Eigensteuerung, Kooperation und gesellschaftliche Verantwortung.
Nach den fachlichen Impulsen hatten die Teilnehmer:innen im Worldcafé-Format die Gelegenheit, die Inhalte interaktiv zu reflektieren und gemeinsam zu diskutieren. Die Verbindung von Theorie und praxisnaher Auseinandersetzung schuf einen Raum für lebendigen Austausch und neue Perspektiven, die die Bedeutung von Schlüsselkompetenzen in Krisenzeiten greifbar machten.
Um die Ergebnisse der Tagung nachhaltig zu sichern, wird ein gemeinsames Positionspapier entwickelt, das die zentralen Erkenntnisse und Impulse zusammenfasst und weiterführt.
Festakt: 25 Jahre Zentrum für Soziale Kompetenz
Ein Abend voller Humor, Tiefgang und Begegnungen
Die beiden Kabarettisten Martin Buchgraber und Clemens Maria Schreiner führten mit Charme und Witz durch den Abend und präsentierten das ABC der sozialen Kompetenz – mal humorvoll, mal nachdenklich, mal musikalisch und manchmal auch mit Unterstützung durch das Publikum. Das abwechslungsreiche Programm wurde durch spannende Interviews bereichert, in denen Personen zu Wort kamen, die dem Zentrum für Soziale Kompetenz in unterschiedlichen Rollen verbunden sind.
3 Praxisworkshops
Eine dritte Workshop-Session bot in drei Parallelworkshops einen Einblick in gelebte Praxis:
„Schlüsselkompetenzen für Lehrpersonen! Ein Kurzworkshop zur Verfeinerung bestehender Modelle zur Lehrkompetenz. Welche hochschuldidaktischen Kompetenzen benötigen Lehrende zur Entwicklung von Schlüsselkompetenzen bei Studierenden?“ (Stefan Braun, Panagiotis Kitmeridis, Sabrina Engelmann)
„Viele Kompetenzen. Ein Netzwerk. Aktuelle Themen und Angebote der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen in Lehre, Forschung und Praxis e.V.“ (Heike Kröpke, Patrick Hintze)
„Resilienz & Achtsamkeit: Interkulturell & Aktiv – Einblicke in ein kollaboratives internationales Seminar und die Gesundheitsangebote am LehrLernZentrum der Hochschule RheinMain“ (Nadine Scholz, Meike Kaltenbach)
Posterausstellung
12 Poster, die vor dem Hintergrund des Generalthemas best practice-Beispiele abbilden, wurden im Rahmen der Tagung präsentiert. Diese sind noch bis 16.12.2025 im Foyer der Universitätsbibliothek zu sehen.
Und darüber hinaus
Eine Buchpräsentation (Kommunizieren – Intervenieren – Kooperieren, hrsg. von Sascha Ferz, Claudia Neubauer und Karin Sonnleitner), die Verleihung des Future Skills Award (an die Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie die Frankfurt University of Applied Sciences), ein Besuch des Botanischen Gartens der Universität Graz sowie eine Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen in Lehre, Forschung und Praxis e.V. rundeten das Programm ab.